Themenwoche Belarus – Minsk
Samstag, 30. Juli 2022 - 12:00 (CET/MEZ) Berlin | Author/Destination: Around the World / Rund um die WeltCategory/Kategorie: Allgemein Lesedauer: 11 Minuten Minsk ist die Hauptstadt und gleichzeitig mit etwa 1,981 Millionen Einwohnern (Stand 2018) größte Stadt in Belarus. Sie ist zudem Hauptstadt der Minskaja Woblasz und Sitz der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) sowie das politische, wirtschaftliche und kulturelle Zentrum von Belarus mit Hochschulen und Fachschulen sowie zahlreichen Kirchen, Theatern und Museen. Minsk liegt an der Swislatsch, einem Nebenfluss der Bjaresina. Minsk wurde 1918 zur Hauptstadt der kurzlebigen “Weißrussischen Volksrepublik“. 1922 wurde Minsk Hauptstadt der neugebildeten Belorussischen Sozialistischen Sowjetrepublik (BSSR), einer Teilrepublik der Sowjetunion. Die Einwohnerzahl stieg bis 1939 auf fast 240.000, wobei nun auch die Weißrussen die größte Bevölkerungsgruppe darstellten.
In der Kesselschlacht bei Minsk im Zweiten Weltkrieg wurde Minsk 1941 schwer zerstört. Am 28. Juni 1941, also sechs Tage nach Kriegsausbruch, war die Stadt im Wesentlichen von den deutschen Truppen erobert worden. Die Rote Armee konnte mehrere tausend Bewohner der Stadt in das sichere Hinterland evakuieren, der Großteil der Bewohner verblieb allerdings in der schwer zerstörten Stadt. Nach der Eroberung der Stadt begannen die Deutschen die Jagd auf die jüdische Bevölkerung sowie auf alle Kommunisten und deren Sympathisanten, derer man habhaft werden konnte. Im Dezember 1941 wurde Wazlau Iwanouski von den deutschen Besatzern als Bürgermeister der Stadt ernannt. Mehrere bis dahin unzerstörte Häuser wurden von der Wehrmacht niedergebrannt und deren Bewohner vertrieben. Zehntausende Minsker wurden bis zur Befreiung am 3. Juli 1944 ermordet oder nach Deutschland zur Zwangsarbeit verschleppt, viele verhungerten, weil die Einwohner nur noch 30 Prozent der Lebensmittelrationen erhielten. Mehrere Krankenhäuser waren zerstört und sollten auch nicht wieder aufgebaut werden. Die meisten Bewohner der Stadt standen den deutschen Besatzungstruppen ablehnend gegenüber, viele kollaborierten jedoch auch mit ihnen, was oftmals die einzige Überlebenschance war. Die Wälder um Minsk waren ein Zentrum der Partisanenbewegung. Regelmäßig wurden in der Stadt Partisanen hingerichtet und zur Abschreckung tage- und teils auch wochenlang sichtbar hängen gelassen. Vor dem deutschen Einmarsch befand sich in Minsk eine der sowohl prozentual als auch in absoluten Zahlen größten jüdischen Gemeinden der Sowjetunion. Rund 30% der etwa 240.000 Einwohner waren Juden. Der größte Teil davon wurde während der deutschen Besetzung verschleppt und ermordet. Mit dem Ghetto Minsk entstand in jenen Jahren eines der größten Sammellager/Ghettos Europas. Dort wurden ab Juli 1941 etwa 60.000 Juden in einem zwei Quadratkilometer großen Stadtviertel im Nordosten konzentriert, von denen nur wenige überlebten. Bis zur Auflösung des Ghettos im Oktober 1943 wurden in sogenannten “Aktionen” zehntausende erschossen, viele hundert starben an Krankheiten und Unterernährung sowie durch einzelne Übergriffe des Wachpersonals. In der Nähe von Minsk befand sich das Vernichtungslager Maly Trostinez.
Im Zuge der Operation Bagration eroberte die Sowjetunion Minsk im Juni und Juli 1944 zurück. Nach der Befreiung hatte die Stadt nur noch etwa 50.000 Einwohner. Für die Verteidigung wurde ihr in der Sowjetunion der Ehrentitel Heldenstadt verliehen. In Minsk bestand das Kriegsgefangenenlager 168< für deutsche Kriegsgefangene des Zweiten Weltkriegs. Es entwickelte sich aus dem Lager 183, Borisow, und bestand bis 1953. Schwer Erkrankte wurden im Kriegsgefangenenhospital 2035 versorgt. Nach dem Krieg fand ein zügiger Wiederaufbau mit breiten Straßen und großen Parks statt. In der Innenstadt wurde das Straßennetz vollständig zu Gunsten eines Schachbrett-Grundrisses umgestaltet, neue repräsentative Gebäude vor allem für die Verwaltung entstanden. Im Zuge der Neugestaltung des Stadtzentrums wurden auch größere Teile der noch erhaltenen Altstadt abgerissen, vor allem im Bereich des Nemiga-Viertels (zwischen der Straße ul. Nemiga und dem ehemaligen Mascherow-Prospekt, dem heutigen Prospekt der Sieger). Schon 1959 hatte Minsk über 500.000 Einwohner und damit deutlich mehr als vor dem Krieg. In den 1970er-Jahren wurde Minsk zur Millionenstadt. Im Jahr 1984 wurde die Metro Minsk eröffnet. Von den zwei Linien, die sich im Zentrum kreuzen, ist die Linie 2 in nordsüdlicher Richtung bereits fertiggestellt. Der Ausbau von Linie 1 (in ostwestlicher Richtung) dauert an. Im November 2020 wurden die ersten vier Stationen der dritten Linie eröffnet.
In Minsk gibt es folgende Museen: das nationale Kunstmuseum, das Museum für Kriegsgeschichte/die Geschichte des Deutsch-Sowjetischen Kriegs, das Museum für die Geschichte und Kultur von Belarus, das Literatur- und Gedenkmuseum Janka Kupala, das Maksim-Bahdanowitsch-Literaturmuseum, das Pjatrus-Brouka-Museum, das Sair-Asgur-Museum, das Museum für Theater- und Musikgeschichte, das Museum für belarussische Literaturgeschichte, das Museum für zeitgenössische bildende Kunst, das Museum für die Geschichte der Nationalen Akademie der Wissenschaften von Belarus, das Museum für Medizingeschichte, das Natur- und Umweltmuseum, das Wankowitschy-Museum, das Haus zu Ehren der ersten Sozialdemokratische-Arbeiterpartei-Russlands-Versammlung sowie der Park der Steine.
Minsk verfügt überdies über 19 Theater wie das Janka-Kupala-Theater (das älteste Belarus), das staatliche Musiktheater, das staatliche Puppentheater, das Kleine Theater Minsk, das Neue Schauspielhaus, das Satire- und Humortheater Chrystafor, das Theater für belarussische Dramaturgie, das Theater des Kinoschauspielers, das Jugendkleinkunsttheater, das Poetische Schauspiel Znitsch und das Theater der belarussischen Armee. Das Maxim-Gorki-Nationaltheater bietet vor allem ein Repertoire russischsprachiger Theaterstücke, während sich das Janka-Kupala-Theater auf Dramen in belarussischer Sprache konzentriert, darunter auch Übersetzungen. Das Theater des jungen Zuschauers> führt vor allem Stücke für Kinder und Jugendliche auf.
Sehenswert in Minsk sind vor allem die Altstadt, die früher sogenannte “Oberstadt” um die orthodoxe Heiliggeist-Kathedrale, das alte Bernardinerinnenkloster aus dem Jahre 1628 und das nach historischen Plänen wiederaufgebaute Rathaus. Schräg gegenüber dem Altstädter Rathaus von Minsk, an der Leninstraße, befindet sich die katholische Mariä-Namen-Kathedrale, die zu dem ehemaligen Komplex des früheren Jesuiten-Klosters gehört. Unterhalb der Altstadt, direkt am Ufer der Swislatsch, befindet sich die Traezkae-Vorstadt (dt.: Dreifaltigkeits-Vorstadt, ein rekonstruiertes altstädtisches Viertel aus dem 19. Jahrhundert). Diesem Viertel vorgelagert, wurde auf einer künstlichen Insel in der Swislatsch ein Denkmal in Form einer kleinen Kapelle errichtet, das den Opfern des Afghanistan-Kriegs gewidmet ist. Im Jahr 2006 wurde mit staatlicher Unterstützung die Gedächtniskirche aller Heiligen vollendet, eine nationale Gedenkstätte für alle gefallenen und ermordeten weißrussischen Soldaten und Zivilisten des napoleonischen Russlandfeldzugs 1812 und der deutschen Eroberungszüge im Ersten und Zweiten Weltkrieg. Ebenfalls unterhalb der Altstadt, an der Nemiga-Straße, steht die kleine Kirche der Heiligen Peter und Paul aus dem Jahre 1613, die sich allerdings vor dem Hintergrund gewaltiger Neubauten eher winzig ausnimmt. Zu den wichtigsten innerstädtischen Verkehrsadern zählt zweifelsohne der vormalige Skaryna-Boulevard (Francysk Skaryna), ein innerstädtischer Prachtboulevard, der nun “Unabhängigkeitsboulevard” heißt und eindrucksvolle Beispiele der sowjetischen Architektur liefert. Eine Flusspromenade entlang der Swislatsch führt durch mehrere innerstädtische Parkanlagen (z.B. den Janka-Kupala-Park und den nach Maxim Gorki benannten Kinderpark). Zentrale Plätze sind der Unabhängigkeitsplatz (der ehemalige Lenin-Platz), der Jakub-Kolas-Platz und der Siegesplatz, dessen Erscheinung vor allem durch einen weithin sichtbaren Obelisken und die an seiner Nordostseite gelegenen ovalen Gebäudekomplexe im sowjetischen Empire-Stil geprägt ist. Nicht zuletzt durch die Ereignisse nach den Präsidentschaftswahlen im März 2006 ist auch der Oktoberplatz mittlerweile gut bekannt, der als zentraler Platz für Kundgebungen dient und dessen prägendes architektonisches Element der in den 1980er Jahren erbaute Palast der Republik ist. Ein weiteres wichtiges architektonisches Denkmal ist die am Unabhängigkeitsplatz gelegene katholische Backsteinkirche des hl. Simon und der hl. Helena, die allgemein unter dem Namen “rote Kirche” bekannt ist. Auch das Opernhaus gehört wegen seiner Gestaltung zu den wichtigen Architekturdenkmälern der frühen Sowjetperiode. Vor dem Opernhaus steht ein Denkmal für den weißrussischen Nationaldichter Maksim Bahdanowitsch. Rund fünf Kilometer nordwestlich der Stadtgrenze befindet sich der 1956 angelegte Saslaujer Stausee, welcher vor allem als “Minsker Meer” bekannt ist und über insgesamt rund zehn Kilometer Strandufer verfügt. Er ist vor allem unter Einheimischen ein beliebtes Freizeit- und Urlaubsziel und wird auch für Wassersportaktivitäten rege genutzt.
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