Tallinn (deutsch: Reval) ist die Hauptstadt von Estland und hat 432.000 Einwohner. Sie liegt am Finnischen Meerbusen der Ostsee, etwa 80 Kilometer südlich von Helsinki. Tallinn ist die wirtschaftsstärkste Stadt in Estland. Ca. 60 % des estnischen BIP stammen aus Unternehmen in Tallinn. Infolge der Auflösung der UdSSR ging Russland als wichtigster Handelspartner verloren. In der darauf folgenden Privatisierung richtete man die Wirtschaft nach skandinavischem Vorbild ein. Die niedrige Steuerlast und das liberale Wirtschaftsumfeld machen es für Unternehmen attraktiv, sich in Tallinn anzusiedeln. So findet man in Tallinn Unternehmen wie Nokia, Philips oder Ericsson. Die kostenlose VoIP-Software Skype ist im Jahr 2003 hier entstanden. In Tallinn befindet sich der größte Bankensektor in den baltischen Staaten. Tallinn ist ein bedeutender Ostsee-Fährhafen. Im Stadtteil Pirita nordöstlich des Stadtzentrums gibt es einen Jachthafen sowie einen ausgedehnten Sandstrand, der von einem Kiefernwald begrenzt wird. An warmen Sommertagen herrscht dort Partystimmung, und der Strand ist deswegen oft sehr voll. Bei Joggern und Inlineskatern ist vor allem die Promenade zwischen Pirita und der Stadtmitte beliebt. Hier steht die eindrucksvolle Ruine der Zisterzienser-Abtei St. Brigitten, ein heute dachloses Kirchenschiff vom Ausmaß einer Hauptstadt-Kathedrale, zerstört durch russische Truppen im 16. Jahrhundert. Nebengebäude sind noch als Mauerreste zu erkennen. Seit 2005 finden auf dem Gelände des früheren Klosters das Birgitta-Festival statt.
Die Tallinner Altstadt (estn.: Vanalinn) wurde 1997 zur Liste des UNESCO-Weltkulturerbe hinzugefügt als “außergewöhnlich vollständiges und gut erhaltenes Beispiel einer mittelalterlichen nordeuropäischen Handelsstadt”. Das Zentrum bildet der Rathausplatz (estn.: Raekoja plats), der von dem 1322 erstmals erwähnten, aber schon im 13. Jh. errichteten gotischen Rathaus und anderen stattlichen Gebäuden umschlossen wird. Von der öffentlich zugänglichen Aussichtsplattform des Rathauses bietet sich ein hervorragender Blick über Stadt, Hafen und Meerbusen. Das Wahrzeichen Tallinns – die Figur des Stadtknechts “Alter Thomas” (estn.: Vana Toomas) – schmückt seit 1530 die Turmspitze. Die beiden Wasserspeier in Drachengestalt sind aus dem 17. Jh. Gegenüber befindet sich die Ratsapotheke (estn.: Raeapteek). Sie wurde 1422 erstmals urkundlich erwähnt und ist damit eine der beiden ältesten noch tätigen Apotheken Europas (die andere ist in Dubrovnik). Nach Umbauten im 16. Jh. mietete die aus Ungarn stammende Familie Johann Burchart die Apotheke und führte sie über 300 Jahre.
Die Stadtmauer ist eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt. Im Mittelalter war Tallinn eine der am besten befestigten Städte an der Ostsee. Mit dem Bau der Befestigungen wurde in der zweiten Hälfte des 13. Jh. begonnen und dauerte die folgenden 300 Jahre an. Da die Waffen ständig schlagkräftiger wurden, musste fortwährend nachgebessert werden. Die fertige Mauer war schließlich 2,35 km lang, 13–16 m hoch und 2–3 m dick und hatte über 40 Türme. Heute stehen noch 1,85 km Mauer und 26 Türme. Die Lehmpforte war eines der Haupttore des mittelalterlichen Tallinn, das mehrfach umgebaut wurde. Von ihm ist heute nur noch das Vortor erhalten. Die Stadtmauer hatte im Mittelalter sechs Tore (Pforten), alle hatten ein bis zwei Vortore, Hängebrücken über den Wallgraben und Fallgitter. Die Große Strandpforte mit der “Dicken Margarethe”. Als die Große Strandpforte gebaut wurde, stand sie so nah am Ufer, dass bei Sturm die Wellen ans Tor schwappten. Erhalten ist das Vortor mit dem Kanonenturm Dicke Margarete, dessen Durchmesser 25 m beträgt. Heute beherbergt er das estnische Seefahrtsmuseum, das einen Überblick über die Geschichte der Seefahrt und Fischerei gibt.