Porträt: Adam Smith, Begründer der klassischen Nationalökonomie
Samstag, 8. Februar 2014 - 13:00 (CET/MEZ) Berlin | Author/Destination: Editorial / RedaktionCategory/Kategorie: Porträt Lesedauer: 8 Minuten Über Smiths Leben ist deutlich weniger bekannt als über sein Lebenswerk. Sein gleichnamiger Vater, ein Zollbeamter in Kirkcaldy, starb vor seiner Geburt. Seine Mutter, Margret Douglas, war die Tochter eines reichen Landbesitzers. Adam Smith und seine Mutter bauten ein sehr inniges Verhältnis zueinander auf. Sie war es auch, die ihn in seiner späteren Ausbildung förderte. Adam Smith wurde am 16. Juni 1723 in Kirkcaldy getauft. Im Alter von vier Jahren soll Smith entführt worden sein. Jedoch hätten ihn die Entführer bei der Verfolgungsjagd verloren, so dass er nach kurzer Zeit wieder nach Hause gebracht werden konnte. Überliefert ist weiterhin, dass er die Grundschule in Kirkcaldy absolvierte.
Adam Smith studierte ab seinem 14. Lebensjahr von 1737 bis 1740 an der Universität Glasgow und besuchte Vorlesungen von Francis Hutcheson, der ihn sowohl in seinen philosophischen als auch ökonomischen Überlegungen beeinflusste. Glasgow zeichnete sich zu dieser Zeit durch einen ökonomischen Aufschwung aus und diente Smith später auch als Objekt seiner ökonomischen Beobachtungen. Sein guter Abschluss im Jahr 1740 brachte ihm ein Stipendium, das ihm ein weiteres Studium ermöglichte.
1746 kehrte Smith nach Kirkcaldy zurück. Er bemühte sich um eine Anstellung, fand aber keine geeignete. Aufgrund der guten Beziehungen der Familie mütterlicherseits und der Fürsprache des Juristen und Philosophen Lord Kames erhielt er schließlich 1748/49 die Möglichkeit, eine Serie öffentlicher Vorlesungen in Edinburgh zu halten, was damals als Voraussetzung für eine Tätigkeit als Universitätsdozent galt. Seine Themen waren umfassend: von englischer Literatur und Rhetorik über Philosophie bis zu Jurisprudenz. In akademischen Kreisen konnte Smith eine große Anhängerschaft gewinnen. Seine Zeitgenossen berichten über riesigen Andrang der Studierenden, obwohl diese Vorträge nicht zum offiziellen Lehrprogramm gehörten. Über den Inhalt der Vorlesungen ist kaum etwas überliefert, sie konnten nur über Mitschriften der Studenten rekonstruiert werden.
Im Jahre 1751 wurde er im Alter von nur 27 Jahren Professor für Logik an der Universität Glasgow und 1752 Professor für Moralphilosophie. Somit übernahm er Hutchesons Lehrstuhl und wurde besser bezahlt. Die Moralphilosophie deckte ein weites Spektrum von Theologie über politische Ökonomie bis hin zu Ethik ab, wobei Smiths Unterrichtsniveau als hoch eingestuft wurde. Seine Studenten waren 14 bis 16 Jahre alt. Unterrichtssprache war Latein, Smith unterrichtete bald jedoch als einer der Ersten auf Englisch.
1763 legte er seine Professur nieder und nahm den finanziell lukrativen Posten des Tutors des jungen Henry Scott, 3rd Duke of Buccleuch an. Dieser war Stiefsohn von Charles Townshend, der von Smith sehr beeindruckt war, und wurde von Smith von Anfang 1764 bis Ende 1766 bei dessen Bildungsreise auf dem europäischen Kontinent (Frankreich, Schweiz) begleitet. Diese dreijährige Tätigkeit brachte Smith eine lebenslange Rente von 300 Pfund Sterling jährlich ein.
Während des ersten Teils dieser Reise verbrachte er zusammen mit seinem Schützling ein ganzes Jahr in Toulouse, wo es eine große englische Kolonie gab. Da er Französisch noch nicht gut beherrschte, gelang es ihm nicht, in der französischen Gesellschaft dieser damals sehr bedeutenden Stadt Fuß zu fassen und er hatte viel Muße.
Smiths Vorlesungen in Moralphilosophie bildeten 1759 die Grundlage für die Veröffentlichung seines philosophischen Hauptwerkes Die Theorie der ethischen Gefühle. Darin bezeichnet er die Sympathie für die Mitmenschen als Grundlage der Moral und als Triebfeder der menschlichen Arbeit.
1776 erschien die erste Ausgabe seines berühmten ökonomischen Hauptwerks Wohlstand der Nationen – Eine Untersuchung seiner Natur und seiner Ursachen (Originaltitel: An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations), an dem er seit seiner Frankreichreise gearbeitet hatte. Das Erscheinen dieses Buches wird als Geburtsstunde der englischen Nationalökonomie angesehen, da die vor Smith publizierten ökonomischen Schriften nicht als wissenschaftlich galten, weil sie aus der Perspektive des Staates (kameralistisch) oder bestimmter Wirtschaftsteilnehmer (Handbücher für Kaufleute z. B.) geschrieben waren. Zwischen den beiden Werken wird von einigen Ökonomen ein Widerspruch gesehen, der als Adam-Smith-Rätsel in der ökonomischen Fachliteratur thematisiert wird.
In Wohlstand der Nationen bezeichnet er die Arbeit (lateinisch industria, englisch industry, daher die Benennung des smithschen Systems als Industriesystem) als Quelle und Maßstab des Wertes von Gütern. Damit begann die Ablösung von der Natur als wichtigste Ressource für die Güterproduktion, denn für die Physiokraten war noch die Natur die einzige Quelle des Wertes. Im Gegensatz zur Anschauung der Merkantilisten und Physiokraten ist ihm jede nützliche Arbeit produktiv (nicht darunter fällt daher bei Smith etwa die Arbeit einer Opernsängerin oder eines Schriftstellers). Mit den französischen Physiokraten bezeichnet er den nicht durch strenge Staatseingriffe gehinderten freien Wettbewerb als Grundlage einer zu gesellschaftlichem Reichtum führenden Arbeitsteilung. Der freie innere und internationale Verkehr bewirkt nach Smith nicht allein eine zweckmäßige örtliche und zeitliche Verteilung von Kräften und Mitteln sowie den Ausgleich von Preisen und Gewinnen, sondern auch die beste Förderung des Gemeinwohls. Dass er zugleich nicht nur als Zollkommissar wirksam arbeitete, sondern auch für die strengste Beschränkung des Außenhandels durch die englische Navigationsakte plädierte, war für ihn kein Widerspruch, da er der Landesverteidigung eine höhere Priorität als Reichtum einräumte. Unter Handelsfreiheit verstand er nicht ein Prinzip, das stets und unabhängig von realen wirtschaftlichen Entwicklungen gelten sollte, sondern auch unter den gegenwärtigen politischen und wirtschaftlichen Situationen. So befürwortete Smith z.B. auch dieselbe Besteuerung für die aus dem Ausland eingeführten Handelswaren, welche auch die heimische Produktion in gleichem Maße belastet.
Smith galt deshalb als Begründer der Ökonomie als Wissenschaft, weil er einen gesamtgesellschaftlichen Standpunkt damit verband. Die Ökonomie gehörte zu seinen Lehraufgaben als Moralphilosoph. Eine der aristotelischen Kernfragen der philosophischen Ethik, der sich Smith als Moralphilosoph widmete, lautet: „Was ist bedeutsamer: das allgemeine, gesellschaftliche Glück oder das persönliche, individuelle Glück?“. Smith bearbeitete sie im Wohlstand der Nationen mithilfe empirischer Schlussfolgerungen. Seine Folgerung: Das allgemeine, gesellschaftliche Glück werde maximiert, indem jedes Individuum im Rahmen seiner gesellschaftlichen Grenzen versucht, sein persönliches Glück zu erhöhen. Diese gesellschaftlichen Grenzen sind das, was er den “inneren Richter” nannte, der jede Handlung darauf befragt, ob sie gesellschaftlich anerkannt und legitimierbar ist. Smith nimmt damit das spätere Über-Ich von Freud vorweg, das dann bei Norbert Elias sozialhistorisch erklärt und beschrieben wurde (Norbert Elias, “Über den Prozess der Zivilisation”, 2 Bde, Suhrkamp Verlag FFm). Durch die unsichtbare Hand, die über das Marktgeschehen den gesellschaftlichen Reichtum erhöht, werde gleichzeitig auch das allgemeine, gesellschaftliche Glück erhöht – wenn auch mehr oder weniger nur zufällig. Denn die Verteilung der Güter über den Markt macht nicht alle gleich reich, die Diener und Tagelöhner aber können vom Reichtum der Grundbesitzer und Fabrikanten profitieren, weil auch die Reichen nicht mehr essen können, als ihr Magen fasst.
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