Porträt: Juan Carlos I, Titularkönig von Spanien
Mittwoch, 27. Januar 2021 - 11:00 (CET/MEZ) Berlin | Author/Destination: European Union / Europäische UnionCategory/Kategorie: Porträt Juan Carlos I. (* 5. Januar 1938 in Rom als Juan Carlos Alfonso Víctor María de Borbón y Borbón-Dos Sicilias) war vom 22. November 1975 bis zum 18. Juni 2014 König von Spanien. Auch nach seiner Abdankung trägt er auf Lebenszeit den Ehrentitel König. Der aus dem Haus der Bourbonen stammende Monarch spielte eine entscheidende Rolle bei der Transition in Spanien, dem Übergang von der franquistischen Diktatur zur parlamentarischen Erbmonarchie nach dem Tode Francisco Francos. Nachdem er am 2. Juni 2014 seine Abdankung angekündigt hatte, unterzeichnete er am 18. Juni das entsprechende Gesetz, mit dessen Inkrafttreten sein Sohn Felipe am 19. Juni 2014 als König Felipe VI. von Spanien seine Nachfolge antrat. Im August 2020 verließ Juan Carlos nach Korruptionsvorwürfen Spanien. Seither lebt er in den Vereinigten Arabischen Emiraten.
Seit 1947 war Spanien offiziell wieder ein Königreich, allerdings ohne einen König. Francisco Franco zögerte, den Thronanwärter, Juan Carlos’ Vater, zu nominieren, da dieser als Gegner der Franco-Diktatur galt und eine parlamentarische Monarchie einforderte. Er erwog daher verschiedene andere Optionen, darunter Otto von Habsburg, dessen Haus vor den Bourbonen Spanien regiert hatte, der aber kein Interesse zeigte. Franco entschied sich dann, einige junge Bourbonen-Prinzen aus dem Exil nach Spanien zurückzuholen und unter seiner Aufsicht ausbilden zu lassen, darunter neben Juan Carlos auch dessen Vettern Alfonso, Gonzalo und Carlos. Schließlich setzte er 1969, nach der Geburt von Juan Carlos’ Sohn Felipe, per Gesetz fest, dass nach seinem Tod Juan Carlos als König das Amt des Staatsoberhaupts einnehmen solle, und ernannte ihn zum Príncipe de España, einem zu diesem Zweck neu geschaffenen Titel. Der Verfassung nach sollte dies eine Königsdiktatur werden, weshalb Juan Carlos’ Vater auch die geforderte Verzichtserklärung für seine Person verweigerte. Alfonso, dessen Vater seinen Verzicht auf die Thronfolge inzwischen widerrufen hatte, stimmte der Nominierung von Juan Carlos zu, versah dies aber 1972 – nachdem Franco ihn mit einer seiner Enkeltöchter verheiratet hatte – mit Vorbehalten.
Franco starb am 20. November 1975. Bereits zwei Tage danach, am 22. November 1975, wurde Juan Carlos zum König proklamiert. Aus legitimistischer Sicht wurde seine Herrschaft jedoch erst 1977 anerkannt, als sein Vater formell auf den Thron verzichtete. In seiner Thronrede betonte Juan Carlos I., dass “eine freie und moderne Gesellschaft die Beteiligung aller in den Entscheidungszentren, den Medien, den unterschiedlichen Ebenen des Erziehungswesens und der Kontrolle des nationalen Wohlstands” erfordere. Er sah sich, wie er weiter ausführte, als “König aller Spanier, Wächter der Verfassung und Kämpfer für die Gerechtigkeit”. Als der damals 37-Jährige den über vier Jahrzehnte verwaisten Thron bestieg, hatten die Spanier keine großen Erwartungen an ihn. Er wurde als der “Ziehsohn Francos” wahrgenommen, viel mehr Eindrücke hatte man nicht von ihm. Über den Einsatz des jungen Königs für ein neues, demokratisches Spanien waren die Bürger überrascht. Im Juni 1976 reiste das junge Königspaar auf Einladung von Präsident Gerald Ford in die USA. Am 1. Juli 1976 nötigte er Carlos Arias Navarro, Ministerpräsident seit der Jahreswende 1973/1974, zum Rücktritt. Als eine seiner klügsten Entscheidungen wurde später die Benennung des ehrgeizigen, aber damals noch unbekannten Politikers des Franco-Regimes Adolfo Suárez als Nachfolger gesehen. Die ersten freien Wahlen zum Parlament wurden im Sommer 1977 abgehalten. Juan Carlos definierte rückblickend seine Rolle vor Francos Tod so: “Ich hatte sehr viel zu sagen, aber ich zog es vor zu schweigen, denn der kleinste Satz, das kleinste Wort konnte zu meinem Nachteil ausgelegt werden.”
“Eine harte und offene Reaktion gegen die Verantwortlichen des Aufstandes ist ebenso wenig ratsam, wie diese Reaktion auf die Streit- und Sicherheitskräfte generell zu übertragen.”
Die Frage der Autonomien in Spanien wurde ebenso vertagt wie eine Militär- oder Polizeireform. Noch 15 Jahre vor dem Putsch – zu Francos Zeiten – hatte sich Don Juan Carlos bei einem britischen Diplomaten beklagt, er spüre unter den Spaniern “nirgendwo eine spontane starke Zuneigung für die Monarchie”. Nach dem vereitelten Putsch errang der Monarch die bemängelte Zuneigung und den Respekt der Spanier. Auch die spanische Presse hielt sich lange mit Kritischem zurück. Als beispielsweise ein Paparazzo zu Beginn der 1990er Jahre Nacktfotos von Don Juan Carlos beim Sonnenbad auf seiner Jacht Fortuna schoss, wollte keine spanische Zeitschrift diese erwerben. Spanien profitierte vom EU-Beitritt im Jahr 1986 wirtschaftlich. 1992 eröffnete Juan Carlos als spanisches Staatsoberhaupt die Weltausstellung in Sevilla und die Olympischen Spiele in Barcelona. Zehn Jahre zuvor hatte er die Fußball-Weltmeisterschaft 1982 eröffnet. Ähnlich der Position der britischen Monarchin im Commonwealth of Nations, hat der spanische König die repräsentative Funktion des Ehrenpräsidenten der Organisation der Ibero-Amerikanischen Staaten inne. Ein in diesem Zusammenhang regelmäßig stattfindender Iberoamerika-Gipfel ist ein Forum der Staats- und Regierungschefs von 20 lateinamerikanischen Staaten sowie der europäischen Staaten Spanien, Portugal und Andorra. Die Gipfel fanden zuvor jährlich statt. Angesichts des nachlassenden Interesses beschloss der XXIII. Gipfel 2013, fortan nur noch jedes zweite Jahr zu tagen. Im Jahr 1995 wurde ein Attentatsplan der ETA auf den König aufgedeckt. Katalanische Separatisten sehen in Don Juan Carlos den Vertreter des verhassten Zentralstaates und verbrannten im Jahr 2007 Bilder des Königs. In weiten Kreisen der Bevölkerung gilt der König als Freund des direkten Wortes. Sein an Hugo Chávez gerichtetes ¿Por qué no te callas? (“Warum hältst du nicht die Klappe?”) auf dem Iberoamerika-Gipfel November 2007 in Santiago de Chile machte Schlagzeilen. Die Tonaufnahme wurde von vielen Spaniern als Klingelmotiv auf ihr Handy geladen. Im Februar 2014 veröffentlichte der König, dass er für seine Familienmitglieder erstmals feste Jahresgehälter festgelegt habe. Bis dahin hatte er die Zuwendungen nicht im Detail publik gemacht und je nach Anzahl der öffentlichen Auftritte veranschlagt. Begründung für die Neuregelung: das neue System sei transparenter. Sofia erhielt einen Jahresbetrag von 63.000 Euro brutto, plus 53.000 Euro für Repräsentationskosten. Selbst erhielt er nach dem Königshaus-Budget, wie im Vorjahr, insgesamt 293.000 Euro – Sohn Felipe 146.000 Euro. Das Gesamtbudget der Königsfamilie 2014 betrug 7,8 Millionen Euro, 2 Prozent weniger als im Vorjahr, ohne dass Kosten für Dienstreisen, -fahrzeuge, Sicherheitsmaßnahmen und Gebäudeinstandhaltungen enthalten waren. Damit wollte er vor dem Inkrafttreten eines neuen Politiker-Transparenzgesetzes ein Beispiel setzen. Es kann von einem zweistelligen Millionenbetrag an Aufwendungen ausgegangen werden. In Deutschland betrug das Budget des Bundespräsidialamts 2016 vergleichsweise knapp 20 Millionen Euro.
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