Themenwoche Pakistan – Peschawar
Dienstag, 23. Juni 2020 - 12:00 (CET/MEZ) Berlin | Author/Destination: Asia / AsienCategory/Kategorie: Allgemein Lesedauer: 6 Minuten Peschawar ist die Hauptstadt der pakistanischen Provinz Khyber Pakhtunkhwa mit rund 1.970.000 Einwohnern. Vor der Teilung Britisch-Indiens hieß die Stadt Puruschapura oder Puschpapura, abgeleitet aus dem Sanskrit als “Männerstadt” oder Puschpapura, was so viel heißt wie “Blütenstadt”. Peschawar liegt am östlichen Ausgang des Chaiber-Passes. Peschawar hat mehrere Universitäten.
Peschawar wurde vor über 2.000 Jahren von den Königen von Gandhara gegründet und ist seit Jahrhunderten ein Handelszentrum zwischen dem indischen Subkontinent, Afghanistan und Zentralasien. Die Stadt war die östliche Hauptstadt des Kuschanareiches unter Kanischka. Dieser König ließ hier den mit etwa 120 m Höhe damals größten Stupa errichten, der von dem Baumeister Agischala erbaut wurde. Marco Polo besuchte die Stadt 1275. 1530 erbaute Babur, der Gründer des Mogulreiches, eine Festung. Später wurde durch den Bau der Delhi-Kabul-Straße und durch das Anlegen von Gärten unter Sher Shah Suri ein regelrechter Boom Peschawars eingeleitet. Im Jahr 1834 fielen die Sikhs unter Maharadscha Ranjit Singh in Peschawar ein und setzten große Teile der Stadt in Brand. Über 30 Jahre regierten die Sikhs über Peshawar. Nach dem Zerfall des Sikhreiches wegen Streitigkeiten in der Familie des Maharadschas übernahmen die Briten die Kontrolle über die Stadt. In dieser Zeit war die Stadt Hauptstadt der North West Frontier und eine der größten Garnisonen der Britisch-Indischen Armee. Vor dem September 2001 unterhielt Osama bin Laden hier ein Gästehaus, in dem unter anderem seine Terrorkämpfer untergebracht wurden. Nach Angaben des saudi-arabischen Dissidenten Saad Al-Faqih ist die Gästeliste dieses Hauses der Ursprung des Begriffs Al-Qaida. Die Einwohner Peschawars sind mehrheitlich Paschtunen. Paschtunen stellen in der pakistanischen Provinz Khyber Pakhtunkhwa eine wichtige Bevölkerungsgruppe und die Bevölkerungsmehrheit in den unter der Verwaltung der pakistanischen Zentralregierung stehenden Stammesgebieten. Paschtunen leben allerdings auch in Afghanistan, wo sie wiederum die größte ethnische Gruppe bilden.
- Das Museum Peschawar liegt in der Nähe des Bahnhofes. Es enthält eine bedeutende Sammlung von Gandhara-Kunstwerken, darunter das Kanischka-Reliquiar mit punktierten Kharoshthi-Inschriften, ein wertvolles, reliefverziertes Ziergiebelteil aus Schiefer, den Torso eines “fastenden Buddhas” und den Kopf eines gräko-römischen “Buddhas mit Schnurrbart”.
- Die Mahabat-Khan-Moschee des 17. Jahrhunderts, benannt nach einem ehemaligen Gouverneur von Peschawar, ist die einzige Moschee aus der Zeit der Mogulkaiser, die die Verwüstungen durch die Sikhs überstanden hat. General Aritabile, Militärberater von Ranjit Singh, benutzte ihr Minarett als Galgen.
- Das Fort Balahisar wurde 1834 von den Sikhs erbaut und später von den Briten umgebaut. Es wird heute von der pakistanischen Armee genutzt.
- Auf dem Chowk Yagdar, dem “Platz der Erinnerung”, in dessen Mitte ein Denkmal für die Gefallenen der Indien-Kriege steht, werden nach alter Tradition politische Reden gehalten.
- Von der Karawanserei Gor Khatri, die von der Tochter Shah Jahans erbaut worden war, steht nur noch das Moghul-Tor. Die Sikhs hatten die Karawanserei zerstört und durch den Gorakhnath- und den Nandi-Tempel ersetzt.
- Die Khyber-Universität, gegründet 1950, ist eine der ältesten Universitäten in Pakistan und besonders bekannt für ihre medizinischen, sozial- und naturwissenschaftlichen Forschungsabteilungen.
Peschawar ist ein uralter indischer Handels- und Kulturplatz, dessen politische und wirtschaftliche Bedeutung von den Engländern bereits sehr früh erkannt worden war. Lange bevor England zu einem, inzwischen ehemaligen, Weltreich wurde, bildete die Stadt einen wichtigen Warenumschlagsplatz. Diese Bedeutung wurde durch die Aktivität Londoner Handels- und Wirtschaftsagenten noch wesentlich gesteigert. Bis weit in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts stellte Peschawar in ökonomischer Hinsicht deshalb eine regelrechte Herrschaft über Afghanistan dar. Der überaus größte Teil der afghanischen Einfuhrgüter wurde von hier aus verteilt und ebenso ging der gewaltig überwiegende Prozentsatz der Produkte aus Afghanistan in diese damals indischen Grenzhandelsstätte. Ein unwichtiger, eigentlich kaum bekannter Handelsartikel in Peschawar war Buchara–Persianer, das Fell des russischen Karakulschafs. 1919 besetzte das russische Militär die Bucharei. Um der Enteignung durch die Kommunisten zu entgehen, verließen die wichtigsten Karakulschafzüchter das Land und trieben ihre Herden nach Persien und Afghanistan. Die Peschawarer Pelzkaufleute erkannten die Bedeutung dieses Handelsartikels und unterstützen die Zuwanderer auch finanziell, wie es hieß, mit Hilfe englischer Geldgeber. Die Stadt wurde damit 1919, förmlich über Nacht, zum Persianer-Stapelplatz. New Yorker und Londoner Einkaufagenturen unterhielten hier ihre ständigen Vertretungen. In der recht kurzen Zeitspanne von 1919 bis 1925 erhöhte sich der Jahresumsatz von 1000 auf 600.000 Karakulfelle und vergrößerte sich von da ab weiter. Im Jahr 1925 eröffneten dort zwei englische Bankfilialen, einzig zur Finanzierung des Persianerhandels. Für 1934 wurde der Jahresumsatz auf 750.000 bis 800.000 Persianer- und Breitschwanzfelle geschätzt.
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