Themenwoche Friaul-Julisch Venetien – Gorizia
Donnerstag, 23. Dezember 2021 - 12:00 (CET/MEZ) Berlin | Author/Destination: European Union / Europäische UnionCategory/Kategorie: Allgemein, Kulturhauptstadt Europas Lesedauer: 7 Minuten Gorizia ist eine italienische Stadt am Isonzo im Nordosten Italiens in der Region Friaul-Julisch Venetien direkt an der Grenze zu Slowenien (Nova Gorica). Gorizia hat 34.000 Einwohner und war bis 2017 Hauptstadt der Provinz Gorizia, die in jenem Jahr aufgelöst wurde. Daneben ist sie Sitz des Erzbistums Görz. Wenn von der gesamten Stadt, wie sie bis 1947 als politische Einheit existierte, die Rede ist, wird im deutschsprachigen Raum zumeist der Name Görz benutzt. Gemeinsam mit ihrer slowenischen Zwillingsstadt Nova Gorica wird Gorizia 2025 Kulturhauptstadt Europas sein. Erstmals erwähnt wurde die Stadt im Jahr 1001, als Kaiser Otto III. die Burg und den zugehörigen Ort dem Patriarchat von Aquileia und dem Grafen Werichen von Friaul schenkte, von dem der Besitz auf die Grafen von Eppenstein überging.
Die Stadt war seit dem Spätmittelalter Sitz der Grafen von Görz, die sich vom Patriarchat Aquileia unabhängig gemacht hatten. Nach dem Aussterben der Grafenfamilie kam ihr Gebiet um 1500 an die Habsburger. Görz war nun Hauptstadt der Gefürsteten Grafschaft Görz und Gradisca. Das Erzbistum Gorizia entstand 1751 nach der Auflösung des Patriarchats von Aquileia. Von 1809 bis 1814 gehörte Görz zu Frankreichs Illyrischen Provinzen, danach bis 1815 zum Königreich Illyrien. Von 1815 bis 1918 gehörte das Gebiet wieder zu Österreich, bis 1849 weiterhin im Königreich Illyrien. 1849–1861 war das Österreichische Küstenland Kronland im Kaisertum Österreich. 1861 wurde die Gefürstete Grafschaft Görz und Gradisca wie Triest und Istrien eigenständiges Kronland (und Österreichisch(-illirisch)es Küstenland nur mehr als zusammenfassende Bezeichnung für diese drei ab 1867 cisleithanischen Kronländer Österreich-Ungarns verwendet). Der k.k. Statthalter für Görz residierte in Triest. Bis 1866 gehörte auch das benachbarte Venetien zu Österreich. Im Osten grenzte die Grafschaft an das ebenfalls österreichische Herzogtum Krain. Am Ende des Ersten Weltkriegs wurde Görz Anfang November 1918 wie der Westrand Krains, Triest und Istrien vom siegreichen Königreich Italien besetzt und 1919 annektiert. Die Stadt war von alters her dreisprachig (italienisch, slowenisch, deutsch).
Nach dem Ersten Weltkrieg kam im Vertrag von Saint-Germain das gesamte Gebiet der vormals Görz genannten Stadt zusammen mit Istrien und dem Westteil des heutigen Slowenien an Italien. Görz wurde offiziell in Gorizia umbenannt. Das Italien 1919 vertraglich zugesprochene Gebiet, in dem auch Gorizia liegt, erhielt den Namen Julisch Venetien (italienisch: Venezia Giulia). Für im Ersten Weltkrieg gefallene italienische Soldaten wurde in der Zwischenkriegszeit auf einem Hügel im nördlich gelegenen Vorort Oslavia ein auch architektonisch bemerkenswertes Beinhaus (Ossario) errichtet. Auf einer Stele vor dem Eingang wird einiger Staatsangehöriger Altösterreichs gedacht, die am Krieg auf italienischer Seite teilgenommen haben.
Winston Churchill sprach am 5. März 1946 davon, dass sich “[v]on Stettin an der Ostsee bis Triest an der Adria […] ein Eiserner Vorhang auf Europa herabgesenkt” habe. Offensichtlich betrachtete Churchill in seiner in Fulton, Missouri gehaltenen Rede Jugoslawien als Teil des im Entstehen begriffenen Ostblocks und die Grenzen zwischen Jugoslawien einerseits sowie Italien und Österreich andererseits als Südabschnitt dieses “Eisernen Vorhangs”. Tatsächlich verläuft die Grenze (allerdings mit ausdrücklicher Billigung der Westalliierten des Zweiten Weltkriegs, die an der Festlegung der Grenze maßgeblich beteiligt waren) quer über den Bahnhofsvorplatz von Görz (auf der italienischen Seite Piazza Transalpina, auf der slowenischen Seite Trg Evrope genannt). Markiert und gesichert wurde die Görz teilende Grenze durch einen gewöhnlichen Metallzaun, teilweise Stacheldraht oder andere Hindernisse. Die Grenze war, anders als etwa in Berlin, zu keinem Zeitpunkt unüberwindbar abgeriegelt.
Mit dem EU-Beitritt Sloweniens wurden ab 30. April 2004 die Grenzanlagen und Zäune der Stadt an vielen Stellen abgebaut. Seit dem Beitritt zum Schengen-Raum am 21. Dezember 2007 entfielen Grenzkontrollen. Die italienischen und slowenischen Stadtteile wuchsen zusammen. Am Bahnhofsplatz markieren Blumenkübel und eine Plakette auf der Platzmitte die Grenze. Ein Freilichtmuseum informiert über ehemalige Sperranlagen. Die Zusammenarbeit zwischen den beiden Städten zeigt sich in der gemeinsamen Bewerbung um den Titel der Kulturhauptstadt Europas für das Jahr 2025. Diesbezüglich wurde im Dezember 2020 entschieden, dass die Zwillingsstädte parallel zu Chemnitz den Titel tragen werden. Damit setzte die gemeinsame slowenisch-italienische Bewerbung sich gegen die Konkurrenz aus Ljubljana, Piran und Ptuj durch.
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