Masar-e Scharif ist die Hauptstadt des gleichnamigen afghanischen Distrikts und der Provinz Balch. Masar-e Scharif ist die viertgrößte Stadt in Afghanistan und hat etwa 430.000 Einwohner. Übersetzt bedeutet der Name der Stadt Wallfahrtsort des Edlen und bezieht sich auf die u. a. hier vermutete Grabstätte von ʿAlī ibn Abī Ṭālib, Cousin und Schwiegersohn Mohammeds, der sowohl von Sunniten, Schiiten als auch Aleviten geehrt wird. Masar-e Scharif gilt hierdurch als bedeutendster Wallfahrtsort Afghanistans und als heilige Stadt des Islam. In Masar-e Scharif wird das Nouruzfest im Frühling nach dem von Omar Chajjam um 1070 korrigierten zoroastrischen Sonnenkalender 40 Tage lang als Mela-e Gul-e Sorch gefeiert.
9 Kilometer westlich des Stadtkerns fließt der Fluss Balch und bildet in seiner Umgebung eine Gebirgsflussoase. Nahezu parallel zu den geografischen Breitengraden erstrecken sich wenige Kilometer von der Stadt entfernt im Süden die Ausläufer des Marmalgebirges, selbst ein Ausläufer des Hindukuschs. Rund 100 Kilometer östlich fließt der Kunduz. Im Norden von Masar-e Scharif, etwa in 56 Kilometern Entfernung, befindet sich die Staatsgrenze zu Tadschikistan, die durch den Verlauf des Amudarja markiert ist. Am Nordufer des Amudarja liegt die usbekische Großstadt Termiz, welche über die Brücke der Freundschaft erreicht werden kann. Die afghanische Hauptstadt Kabul liegt zirka 300 Kilometer südöstlich. Masar-e Scharif liegt in einer der fruchtbarsten Regionen des Landes. Angebaut werden Baumwolle, Tabak, Getreide, Gemüse, Melonen und Obstbaumkulturen.
Auf dem Gebiet von Masar-e Scharif befand sich die Landschaft Baktrien, selbst ein Teil der antiken Region Chorasan. Masar-e Scharif war zu dieser Zeit ein Vorort der damals bedeutenden Stadt Baktra, dem heutigen Balch (seit ca. 1700 ist es umgekehrt). Nach dem Beginn des sowjetischen Einmarschs in Afghanistan kam Masar-e Scharif ab Mitte der 1980er Jahre unter den Einfluss von Abdul Raschid Dostum, der dort für die sowjetischen Truppen den Nachschub- und Versorgungsweg in die Sowjetunion sicherte. Nach deren Abzug gründete er die Dschunbisch-i Mill, die im folgenden afghanischen Bürgerkrieg auf verschiedenen Seiten kämpfte und seine Machtposition in der Stadt weiter festigte. In der Stadt begründete Dostum am 21. März 1992 mit Ahmad Schah Massoud und anderen die Nationale Islamische Vereinigte Front zur Rettung Afghanistans, auch bekannt als “Nordallianz”. Nach der Übernahme der Macht in Afghanistan durch die Taliban blieb Masar-e Scharif noch bis 1998 unter Kontrolle Dostums. Zwischen Mai und Juli 1997 versuchten die Taliban mehrfach, die Stadt unter ihre Kontrolle zu bringen, scheiterten jedoch zunächst. Es gibt Berichte von Massakern der Taliban an der Bevölkerung nach der Einnahme der Stadt am 8. August 1998.
Am 9. November 2001 wurde die Stadt von der Nordallianz mit Hilfe von US-amerikanischen Truppen wiederum unter der Führung von Dostum zurückerobert. Seit September 2005 betreibt die Bundeswehr hier, zusammen mit Norwegern und anderen Nationen, das Camp Marmal, ihr flächenmäßig größtes Feldlager in Nordafghanistan. Am Abend des 10. November 2016 verübten Taliban mit einer Lastwagenbombe einen Sprengstoffanschlag auf das deutsche Konsulat. In Folge des Anschlags starben mindestens sechs Menschen; mehr als 120 wurden verletzt. Das in der Stadt Masar-e Scharif liegende PRT MeS wird durch Schweden geführt (ISAF).