Herat ist eine Stadt im westlichen Afghanistan im Tal des Hari Rud. Sie ist die Hauptstadt der Provinz Herat und die zweitgrößte Stadt des Landes nach Kabul. Der Großteil der 507.000 Einwohner sind Tadschiken (Eigenbezeichnung: Farsi). Herat war lange Zeit ein Zentrum der persisch-muslimischen Kulturwelt. Besonders bekannt ist die Stadt für ihre bedeutende Kunst- und Literaturtradition. Einer der bekanntesten Dichter Persiens, Dschāmi, der gleichzeitig als der letzte bedeutende Sufi-Meister des Mittelalters gilt, war aus Herat. Auch der Halveti– und der Cheschti Sufi-Orden wurden in Herat gegründet. Eine weitere Berühmtheit der Stadt war Ustad Kamal-ud Din Behzad, der bedeutendste Vertreter der persisch-muslimischen Miniaturmalerei. Herat ist zudem für seine handgeknüpften Perserteppiche bekannt. Der (nach der Stadt benannte) Herat-Stil gehört zu den teuersten und bekanntesten seiner Art. Bis zum Zerfall des Safawiden-Reichs war Herat, damals auch bekannt als Perle Persiens, die zweitgrößte Stadt des Königreichs und die wichtigste Metropole im Osten Persiens. Herat ist eine alte Stadt mit vielen historischen Bauwerken, obwohl diese unter den militärischen Auseinandersetzungen der letzten Jahrzehnte litten. Die meisten Gebäude sind aus Lehmziegeln erbaut. Die kürzlich wiederaufgebaute Zitadelle von Herat, die unter Alexander dem Großen errichtet wurde, beherrscht die Ansicht der Stadt. Im 15. bis 17. Jahrhundert wurde Herat auch als das Florenz Asiens bezeichnet.
Um 1000 n. Chr. eroberten die türkischen Ghaznawiden die Stadt und circa 1040 die Seldschuken. Ab 1150 herrschten hier die einheimischen Ghuriden, bevor die Stadt 1215 an die Choresm-Schahs fiel. In dieser Zeit war Herat ein wichtiges Zentrum der Herstellung von Metallwaren, besonders Bronze, die oft mit kunstvollen Einlegearbeiten aus wertvollen Metallen verziert wurden. 1220/21 kamen die Mongolen unter Dschingis Khan und zerstörten mehrmals Herat. Im Jahre 1245 wurde die Stadt an die Kartiden vergeben, einer Vasallendynastie der Mongolen, unter der sich Herat wieder erholen konnte. Timur Lang zerstörte Herat um 1381. Unter seinem Sohn Schāh Ruch wurde es wieder aufgebaut und zur Hauptstadt Chorasans und des Timuridenreiches erklärt. Schah-Ruchs Frau Gauhar-Schad errichtete hier u. a. den Musallā-Komplex mit seinen zum Teil noch heute stehenden Minaretten. 1452–75 übernahm Abu l-Qasim Babur die Herrschaft, dem 1459 Abu Sa’id und 1469–1506 Husain Baiqara folgten. Unter Husain Baiqara blühte die Stadt noch einmal auf – er förderte die Landwirtschaft und festigte die timuridische Herrschaft. Die Usbeken eroberten 1507 Herat; 1510 wurde die Stadt von Ismail Safawi eingenommen. Herat wurde wieder Teil von Persien und blieb bis zur Eroberung durch die Afghanen eine der wichtigsten Städte der Safawiden in Chorasan. Die Stadt gehörte Anfang des 18. Jahrhunderts zum sawafidischen Persien, das jedoch an Macht verlor. 1717 gewann die regionale Paschtunengruppe der Abdali die Macht. Zwischen 1718 und 1880 gab es viele Schlachten um Herat. 1731 gewann Nader Schah die Kontrolle über die Stadt. 1749 eroberte der Paschtune (“Afghane”) Ahmad Schah Durrani Herat von den Persern und vereinigte die Städte Kandahar und Kabul zu seinem neuen afghanischen Reich. Um 1800 begannen Machtkämpfe zwischen den beiden herrschenden Clans der Durranis, die 1819 faktisch ein autonomes Emirat unter der einen Dynastielinie zur Folge hatten. Besitzansprüche der Perser führten im Lauf des 19. Jahrhunderts zu mehreren Schlachten um die Stadt, die 1852 und 1856 von Persern besetzt und zu großen Teilen zerstört wurde.
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts begann The Great Game, das politische Schachspiel der beiden europäischen Kolonialmächte Russland und Großbritannien um Zentralasien. Der Konflikt endete 1887, und mit Afghanistan entstand eine Pufferzone zwischen Russland und Britisch-Indien, die gleichzeitig die Unabhängigkeit Persiens und Afghanistans versicherte. Im Jahr 1837 belagerte die persische Armee Mohammed Schah Herat. Der zufällig in Herat anwesende britische Artillerieoffizier Eldred Pottinger bot dem Emir von Herat seine Dienste an. Ihm wurde die Verteidigung übertragen und es gelang, die Stadt zu halten. Der russische Botschafter Graf Simonitsch übernahm das Kommando über die persische Armee. Daraufhin landeten britische Truppen am Persischen Golf. Dies hatte zur Folge, dass sich die persischen Truppen zurückzogen und sowohl Simonitsch, als auch Witkewitsch nach Russland zurückbeordert wurden. Diese Situation führte schließlich zum Ersten Anglo-Afghanischen Krieg. 1863 wurde Herat von Dost Mohammed, dem Begründer der Baraksai-Dynastie eingenommen. 1879 unterstellte sein Enkel Mohammed Yakub Khan, Emir Afghanistans aus Herat, das Land der britischen Kontrolle. Erst mit Abdur Rahman Khan, der von 1880 bis 1901 regierte, kam es zu einer Periode relativer politischer Stabilität und kulturellen Wiederbelebung. Die ausgeprägte Musikszene in Herat war zu dieser Zeit bis Anfang des 20. Jahrhunderts persisch, im Unterschied zu der von Indien beeinflussten Musik Kabuls.
Schon vor der sowjetischen Invasion Afghanistans Ende 1979 gab es eine umfangreiche Präsenz von sowjetischen Beratern mit ihren Familien in Herat. Vom 10. bis zum 20. März 1979 meuterte die Armee in der Stadt unter Führung von Ismail Khan und 350 Sowjetbürger wurden getötet. Die Sowjets bombardierten die Stadt, was zu umfangreichen Zerstörungen und zu tausenden Toten führte, und eroberten die Stadt mit Panzern und Fallschirmjägern zurück. Ismail Khan wurde Mudschahedin-Kommandeur und nach dem Abzug der Sowjets Gouverneur von Herat. 1995 eroberten die Taliban Herat. In dieser Zeit entstand das geheime Frauencollege “Goldene-Nadel-Nähschule“. Am 12. November 2001 fiel Herat an die Nordallianz und Ismail Khan kam in der Region wieder an die Macht. Im Jahre 2004 setzte Hamid Karzai Ismail Khan ab und ernannte Said Mohammad Kheir-Khowa zum neuen Gouverneur. Kurz danach rebellierten die Einwohner Herats, da sie mit der Entscheidung Karzais nicht einverstanden waren.