Porträt: Familie Rothschild
Mittwoch, 28. September 2016 - 11:00 (CET/MEZ) Berlin | Author/Destination: Editorial / RedaktionCategory/Kategorie: Porträt Lesedauer: 7 Minuten Rothschild ist der Name einer jüdischen Familie, deren Stammreihe sich in Deutschland ab 1500 urkundlich belegen lässt. Ihre Mitglieder sind seit dem 18. Jahrhundert vor allem als Bankiers bekannt geworden. Sie zählten im 19. Jahrhundert zu den einflussreichsten und wichtigsten Finanziers europäischer Staaten. Das Stammhaus des Bankgeschäfts war M. A. Rothschild & Söhne in Frankfurt; die Familie ist weiterhin über verschiedene Nachfolgeinstitute im Bankgeschäft tätig, hauptsächlich im Investmentbanking und der Vermögensverwaltung. Während der längsten Phasen des Jahrhunderts zwischen 1815 und 1914 war die Familie Rothschild im Besitz der weltgrößten Bank. Bis 1860 war die Firma N. M. Rothschild & Sons als eine Unternehmensgruppe mit fünf eigenständigen Niederlassungen organisiert. Die Bezeichnung Haus Rothschild, das sowohl von den Familienmitgliedern als auch ihren Zeitgenossen im 19. Jahrhundert verwendet wurde, weist auf die enge Verbindung der Geschichte des Unternehmens mit der Familiengeschichte hin. Laufend überarbeitete und erneuerte Gesellschaftsverträge regelten dabei die gemeinsame Geschäftstätigkeit und die Aufteilung der daraus entstehenden Gewinne. Die verschiedenen Unternehmen wurden bis in die 1960er Jahre als Familienunternehmen geführt. Die Teilhaber des Familienunternehmens wurden ausschließlich aus den Reihen der männlichen Rothschilds rekrutiert. Der Schwerpunkt der Tätigkeit des familieneigenen Bankhauses lag im 19. Jahrhundert im internationalen Anleihengeschäft. Dazu kamen der Handel mit Edelmetallen, die Annahme und Diskontierung von Handelswechseln, Devisengeschäfte und die Vermögensverwaltung für wohlhabende Privatkunden. Die Rothschilds gehörten außerdem zu den wesentlichen Geldgebern der entstehenden Bahngesellschaften.
Der Historiker Niall Ferguson hat den Aufstieg der Familie Rothschild als eine der bemerkenswertesten Fallstudien der Sozialgeschichte des 19. Jahrhunderts bezeichnet. Dem in der Frankfurter Judengasse geborenen Mayer Amschel Rothschild, der als der Gründer der Rothschilddynastie gilt, war es noch verboten, außerhalb des Frankfurter Ghettos Grundbesitz zu erwerben. Seine Söhne zählten dagegen zu den wohlhabendsten Europäern. 1885 wurde einem seiner Enkel die englische Peerswürde verliehen, womit er in den Hochadel aufgenommen war. Anders als vergleichbare Familien blieben die Rothschilds ihrem jüdischen Glauben treu, obwohl sie immer wieder Ziel antisemitischer Hetzereien waren. In den Ländern, in denen sie geschäftlich tätig waren, nutzten sie ihren finanziellen Einfluss häufig, um sich für eine rechtliche und politische Verbesserung der Situation der dort lebenden Juden einzusetzen.
Auch wenn erst durch die Landkäufe von Baron Edmond Benjamin James de Rothschild in Palästina (Palestine Jewish Colonization Association) die Gründung des Staates Israel möglich wurde, stehen die Familienmitglieder in Fragen des Zionismus, der Entwicklung des Staates Israel, des Nahostkonflikts und des Friedensprozesses auf zum Teil gegensätzlichen Standpunkten. So sagte beispielsweise Baron Benjamin de Rothschild 2010 in einem Interview mit der israelischen Zeitung Haaretz:
“I understand that it is a complicated business, mainly because of the fanatics and extremists – and I am talking about both sides. I think you have fanatics in Israel… In general I am not in contact with politicians. I spoke once with Netanyahu. I met once with an Israeli finance minister, but the less I mingle with politicians the better I feel.”
– Haaretz vom 05.11.2010: Family Values
Caesarea Foundation
Die Caesarea Edmond Benjamin de Rothschild Foundation hat zum Ziel eine einzigartige Gemeinschaft zu schaffen, die Lebensqualität und den Schutz der Umwelt mit fortschrittlicher Industrie und Tourismus zu verbinden. Caesarea ist heute der einzige Ort in Israel, der von einer privaten Organisation verwaltet wird, statt von einer Stadtverwaltung. Neben der Durchführung von kommunalen Dienstleistungen, vermarktet die Caesarea Development Corporation Grundstücke für Immobilienentwicklungen, verwaltet den nahe gelegenen Industriepark und führt den Caesarea Golf & Country Club, Israels einzigen 18-Loch-Golfplatz. Das heutige Caesarea gehört zu Israels absoluten Spitzenwohnlagen. Baron de Rothschild unterhält hier ebenfalls eine Immobilie, genauso wie weitere Geschäftsleute aus dem In- und Ausland.
Eine zweite Finanzgruppe, die Groupe LCF Rothschild, wird von einem in der Schweiz ansässigen Zweig der Rothschilds kontrolliert. Sie wurde 1953 von Edmond Adolphe de Rothschild gegründet und umfasst neben mehreren Banken auch Hotels, Immobilien, Weingüter und einen Versicherungsmakler. Ein zentraler Bestandteil dieser Gruppe ist die in Genf beheimatete Banque Privée Edmond de Rothschild.
Als dritte Gesellschaft unter Kontrolle eines Zweigs der Rothschilds ist die RIT Capital Partners PLC zu nennen. Dieses Unternehmen wurde 1961 auf Initiative von Lord Jacob Rothschild gegründet und wird seitdem auch von ihm geführt. Seit 1988 investiert RIT Capital Partners auf internationaler Ebene vorwiegend in kleinere und mittlere, börsennotierte und private Firmen.
Die Weingüter der Familie genießen bis heute Weltruf. Nathaniel de Rothschild erwarb 1853 Château Brane-Mouton. James de Rothschild erwarb 1868, kurz vor seinem Ableben, das renommierte Château Lafite-Rothschild. Edmond Rothschild wiederum wurde 1873 Eigentümer von Château Clarke und Château Malmaison, im Jahr 1879 erwarb er auch das benachbarte Château Peyre Lebade. Eine Sammlung von über 15.000 Flaschen an Rothschild-Weinen findet sich im englischen Waddesdon Manor, einem in seiner Architektur, Gartenanlage und Kunstsammlung einmaligen Familiensitz der Rothschilds, 1874 errichtet von Ferdinand von Rothschild. Zum Familienbesitz gehören zahlreiche weitere nennenswerte Schlösser und Immobilien. Mit ihrem Einrichtungs- und Lebensstil waren die Rothschilds stilbildend. Sie begründeten den Goût Rothschild, der sich durch die Verwendung edelster Materialien und opulenter Einrichtungsgegenstände auszeichnete. Häufig wurden Antiquitäten aus der Zeit des Ancien Régime neu verwendet. In der Architektur herrschte bei den Rothschilds der Stil der Renaissance vor.
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