Bordeaux, Stadt der Kunst und Geschichte
Samstag, 16. Juli 2011 - 14:44 (CET/MEZ) Berlin | Author/Destination: European Union / Europäische UnionCategory/Kategorie: Allgemein, Architektur, Guten Appetit, UNESCO-Welterbe Lesedauer: 7 Minuten Bordeaux ist Universitätsstadt und politisches, wirtschaftliches und geistiges Zentrum des französischen Südwestens. Ihre 235.178 Einwohner nennen sich Bordelais. Berühmtheit hat die Stadt insbesondere durch den Bordeauxwein und ihre Küche erlangt, aber auch durch ihr bauliches und kulturelles Erbe. Bordeaux ist Sitz der Präfektur des Départements Gironde und Hauptstadt der Region Aquitanien, ferner Sitz eines Erzbischofs und eines deutschen Konsulats. Die Präfektur verwaltet auch das Arrondissement Bordeaux, das aus 33 Kantonen besteht. Gemeinsam mit 26 umliegenden Kommunen bildet Bordeaux die Communauté Urbaine de Bordeaux (CUB), einen Kommunalverband mit etwa 660.000 Einwohnern. Dieser Verband ist wiederum Teil der Agglomeration, die den weiteren Einzugsbereich mit insgesamt 51 Kommunen umfasst und so auf 754.000 Einwohner kommt. Die aire urbaine, vergleichbar mit einer Metropolregion, zählt sogar 925.000 Einwohner (alle Angaben basieren auf der letzten Zählung 1999). Bordeaux ist die größte Stadt im Département Gironde und der Region Aquitanien und die neuntgrößte Stadt Frankreichs. Die Agglomeration rangiert in Frankreich an sechster Stelle.
Bordeaux liegt im Südwesten von Frankreichs, etwa 45 Kilometer vom Atlantik entfernt, an der Garonne, die sich in einem weiten Bogen durch die Stadt zieht. Diese Form einer Mondsichel verhalf der Stadt zum Namen Port de la lune (Hafen des Mondes). Einige Kilometer flussabwärts vereinigt sich die Garonne mit der Dordogne zum über 70 Kilometer langen Mündungstrichter Gironde. Bis in das Stadtgebiet hinein sind daher die Gezeitenkräfte zu beobachten: Bei Flut drückt das einströmende Meerwasser den Fluss zurück und hebt den Pegel um etwa einen Meter. Die entstehenden Strömungen sorgen für Strudel und ein unruhiges Oberflächenwasser. Bisweilen kann sich auch eine regelrechte Welle dutzende Kilometer flussaufwärts bewegen: Dieses Phänomen wird in Bordeaux mascaret (dt.: Springflut) genannt.
Der historische Kern von Bordeaux ist das Gebiet innerhalb der ehemaligen Stadtmauer. Seit 2007 steht Bordeaux, Port de la Lune unter dem Schutz des UNESCO-Weltkulturerbes. Es wird durch die ringförmige Struktur der Cours und dem Garonne-Ufer begrenzt und von zwei Hauptachsen geteilt: Von Norden nach Süden verläuft die fast eineinhalb Kilometer lange, heute vollständig zur Fußgängerzone gestaltete Rue Sainte-Catherine vom Place du Grand Théâtre bis zur Place de la Victoire, wo die alten Gebäude der Universität stehen. Hier und westlich davon liegt das Geschäftsviertel von Bordeaux mit Handels- und Dienstleistungsschwerpunkt, östlich bis zur Garonne überwiegt – teils sehr alte – Wohnbebauung. Die Ost-West-Achse wird durch den Pont de Pierre gebildet, die einzige Brückenquerung innerhalb des historischen Zentrums. Ihre Fortführung bildet der Cours Victor Hugo. Nördlich überwiegen Wohn- und Geschäftslagen gehobenen bis sehr hohen Standards, südlich einfache Lagen.
Bordeaux ist eine Stadt, die nicht durch herausragende Einzelbauten, sondern durch die grandiose, fast vollständig erhaltene Anlage der Stadt besticht, die ihr historisches Bild bis heute erhalten hat. Darin ist sie Städten wie Amsterdam oder Lissabon ähnlich. Die Stadtanlage veranlasste Victor Hugo zu der Bemerkung, Bordeaux sei eine Mischung aus Versailles und Antwerpen, also aus palastartiger Architektur und Handelsstadt am Fluss. Insbesondere im historischen Zentrum, aber auch darüber hinaus bietet sie immer wieder überraschende Eindrücke, sei es durch die spätbarocke Anordnung der Straßen und Plätze oder durch die beeindruckende Harmonie ihrer Häuserzeilen, durch Parks und Gärten. Die “Fassade” zur Garonne ist weltberühmt: Auf mehreren Kilometern ziehen sich hohe, schmale Bürgerhäuser das Ufer entlang, unterbrochen durch einzelne Repräsentationsbauten. Dahinter ragen die Dächer von Kirchen und alten Stadttoren empor. Das historische Ensemble gilt als das größte, geschlossenste und schönste von ganz Frankreich und wird als Kulisse für unzählige Film- und Fernsehproduktionen genutzt.
Bordeaux ist berühmt für seine abwechslungsreiche, exquisite Küche. Die Nähe zum Meer, die umgebenden Weinberge und das von Polykulturen geprägte Hinterland bieten eine Vielzahl unterschiedlicher lokaler Spezialitäten. Es fallen viele Gerichte à la Bordelaise auf: Diese werden mit – in der Regel rotem – Bordeauxwein, oft auch mit Schalotten angerichtet, deren Verwendung in der Küche des französischen Südwestens Zwiebeln oder Knoblauch weitgehend verdrängt hat. Fisch, Austern und Meeresfrüchte beziehen die Märkte insbesondere vom nahe gelegenen Arcachon, einem Zentrum der Austernzucht, und aus der Gironde. Üblicherweise wird zu Austern Weißbrot und Butter gereicht, aber auch gegrilltes Schweinehack, das einen geschmacklichen Kontrapunkt setzt. Das Frühjahr ist die Hauptsaison für Alsen, grätenreichen aber wohlschmeckenden Fischen mit weißem Fleisch, die hauptsächlich in der Gironde gefangen werden. Besonders begehrt (und entsprechend teuer) ist Lamproie à la Bordelaise, nämlich Neunauge, ein schlangenförmiger Fisch, dessen rotes Blut zusammen mit Rotwein zu einer aufwändigen Sauce verarbeitet wird. Die Verbundenheit mit Portugal hat dazu geführt, dass auch Stockfisch in Bordeaux sehr beliebt ist. Die Brandade de Morue ist ein kalt oder lauwarm servierter Salat aus gekochten Kartoffeln und Stockfischwürfeln, mit einer Vinaigrette angemacht und manchmal mit Gurke oder Schalotte verfeinert.
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