Porträt: Jean-Baptiste Colbert, Staatsmann und der Begründer des Merkantilismus
Samstag, 2. August 2014 - 13:00 (CET/MEZ) Berlin | Author/Destination: Editorial / Redaktion Category/Kategorie: PorträtLesedauer: 4Minuten
Jean-Baptiste Colbert by Robert Nateuil
Jean-Baptiste Colbert, Marquis de Seignelay war ein französischer Staatsmann und der Begründer des Merkantilismus (Colbertismus). Er kann zur vorklassischen Ökonomie gezählt werden. Unter dem “Sonnenkönig” Ludwig XIV. war er erfolgreicher Finanzminister. Er sanierte den Staatshaushalt, um die sehr hohen Aufwendungen vor allem für den König selbst, den Hofstaat, das Militär und dessen Kriegszüge zu finanzieren. Colbert schuf die Basis der französischen Wirtschafts- und Kolonialpolitik. Colbert stammte aus einer Reimser Tuchhändlerfamilie. Seine ersten finanzpolitischen Erfahrungen machte er unter Kardinal Jules Mazarin als dessen privater Vermögensverwalter. Mazarin empfahl ihn auch König Ludwig XIV., der ihn mit immer anspruchsvolleren finanzpolitischen Aufgaben betraute.
Zunehmend übernahm Colbert die Regierung (nur der König über ihm und das Heer waren außerhalb seiner Verantwortung): “Minister” für Bauwesen (Bâtiments du Roi, 1664), Finanzen, Handel, Verkehr (Contrôleur général des finances, 1665), Marine, die Kolonien (Secrétaire d’État de la Marine, 1669) und für Kunst und Wissenschaft (Staatssekretär des Königlichen Haushalts, Secrétaire d’État de la Maison du roi, 1669). 1664 gründete er die Französische Ostindienkompanie mit Basis in Lorient und die Französische Westindienkompanie mit Le Havre als Heimathafen. Weiterhin war er an der Gründung und an der Reorganisation der Nordischen Kompanie, der Levantekompanie und der Senegalkompanie beteiligt. 1666 gründete er die naturwissenschaftliche Académie royale des sciences, heute Teil des Institut de France. Er förderte zahlreiche Wissenschaftler; der Historiker Étienne Baluze wurde sein Bibliothekar.
Die wichtigste Quelle des nationalen Reichtums sah er in einer aktiven Außenhandelsbilanz. Indem er Manufakturen förderte und gründete, versuchte er dem Land teure Importe zu ersparen. Er holte ausländische Fachkräfte ins Land, um auch die besten Erzeugnisse anderer Staaten in Frankreich herstellen zu können. Außerdem sorgte er für den Abbau von Ausfuhrzöllen und ließ die Landstraßen zu festen Chausseen ausbauen. Mit detaillierten Katalogen mit Produktionsvorschriften versuchte er die Qualität der in Frankreich erzeugten Waren zu steigern. Colbert befasste sich auch mit klassischer Steuerpolitik, um die Staatseinnahmen zu steigern und die geradezu chronischen Schulden des Ancien Régime zu senken. Er reformierte das staatliche Rechnungswesen und vereinfachte dadurch die Finanzverwaltung. Insgesamt verringerte er die direkten und steigerte die indirekten Steuern. Seine Erfolge auf diesem Gebiet blieben allerdings beschränkt.
Für die Verwaltung setzte er in den einzelnen Bezirken Intendanten ein. Um die Rohstoffe der Kolonien zu erschließen, ließ er die Kriegsflotte verstärken und gilt damit als eigentlicher Schöpfer der französischen Seemacht. Auch der Code Noir, eine Regelung zum Umgang mit schwarzen Sklaven, geht auf Colbert zurück. Colberts letzte Worte waren angeblich auf Ludwig bezogen: “Hätte ich für Gott so viel getan wie für diesen Mann, so wäre ich zehnfach gerettet.” Sein gleichnamiger ältester Sohn folgte ihm als Staatssekretär für das königliche Haus und die Marine nach.
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